Ein richtig seltenes Jubiläum feiern dieses Jahr die Königlich privilegierten Feuerschützen Osterhofen: Der Verein wurde 1425 erstmals eingetragen – ihn gibt es also bereits seit 600 Jahren. Was die Mitglieder geplant haben, warum der Sport auch für Kinder geeignet ist und was König Ludwig III. mit dem Osterhofener Verein zu tun hat, erzählt Schützenmeister Jörg Boleslawsky bei einem Schießabend.

Tief atmet Jörg Boleslawsky ein, dann wieder aus. Anschließend richtet der Goldschmiedemeister seine Arme nach vorne in Richtung der 25 Meter entfernten Zielscheibe. Fokussiert blickt er durch Kimme und Korn seines Revolvers – ein .357 Magnum – und zielt auf die schwarze Mitte der Scheibe. Dann drückt er ab und es knallt in der Georg-Bauer-Schießanlage: Treffer.
„Hat schon irgendwie was mit Meditation zu tun. Man muss in sich ruhen“, erklärt Jörg Boleslawsky. „Wenn der Kopf nicht frei ist, kann man auch nicht schießen.“ Diese Ruhe habe auch schon dem ein oder anderem Kind geholfen: „Bei uns haben schon Kinder angefangen, die wegen Hyperaktivität Tabletten nehmen mussten. Die brauchten sie dann nicht mehr“, sagt der Schütze.
Neben viel Ruhe und Konzentration benötige es auch einiges an Geduld, ansonsten gibt es für den Sport nur wenige Voraussetzungen. „Man kann ab zwölf Jahren anfangen, mit Sondergenehmigung auch schon mit zehn. Lichtgewehrschießen darf man, sobald man eine Waffe halten kann.“ Dadurch, dass dabei statt Patronen nur mit einem Laser geschossen wird, sei Lichtgewehr komplett ungefährlich.

König Ludwigs letzter Schuss
Rund 40 Kinder und Jugendliche sind Mitglied bei den Feuerschützen, auch 30 Frauen sind unter den 184 Mitgliedern. „Mehr als die Hälfte sind aktive Schützen, wir sind mit 17 Mannschaften in die Rundenwettkämpfe gestartet.“
Was Jörg Boleslawsky an dem Sport besonders toll findet, ist die Chancengleichheit: „Da können ein Kind, eine Frau, ein Mann und ein Senior zusammen schießen, und alle haben die gleiche Chance.“ Auch Menschen mit Handicap schießen bei den Schützen mit.
König Ludwig III. sei ebenfalls ein begeisterter Schütze gewesen: „Er hat auf dieser Scheibe seinen letzten Schuss abgefeuert“, erzählt der Vorsitzende und holt eine große, bemalte Holzscheibe. Bei einem Festschießen in Osterhofen zur Vermählung seiner Tochter Gundelinde zielte der König auf das abgebildete Schloss von Moos. Dort, wo die Kugel das gemalte Dach traf, steckt nun eine goldene Krone. Schaut man sich in dem Vereinsheim ein wenig um, entdeckt man überall Antiquitäten wie alte Hellebarden, Schwerter und Pistolen. „Das haben wir als Dauerleihgabe vom Heimatmuseum bekommen.“

Vereinshistorie durch Brand vernichtet
Die alten Gegenstände spiegeln auch das Alter des Feuerschützenvereins wider: 600 Jahre bringen einiges an Geschichte mit sich. Leider ist davon jedoch nur wenig bekannt: „Es gab damals, wahrscheinlich zwischen 1800 und 1850, einen Brand und die ganze Historik wurde vernichtet“, erzählt Jörg Boleslawsky. Dass es den Verein seit 1425 gibt, ist aber sicher: „Damals war das eine Bürgerwehr. Sie wurde königlich privilegiert und somit auch eingetragen.“ Aus der Bürgerwehr wurde dann der Schützenverein.
Mittlerweile ist die Georg-Bauer-Schießanlage mit modernster Technik ausgestattet und wird im Februar vergrößert. Auch das Angebot erweitert sich: Neben dem Schießen mit Klein- und Großkalibern sowie Luftdruck- und Lichtwaffen kann man dort auch das Bogenschießen lernen. Dabei werden die angehenden Schützen sicher an den Schießsport herangeführt und begleitet. „Sie sind mindestens acht Mal beim Einsteigertraining dabei“, erklärt Jörg Boleslawsky.
Wer denkt, danach ist es bis zur eigenen Waffe nicht mehr weit, liegt falsch: Nach einer allgemeinen Anmeldung beim Verein – ohne geht’s nicht – muss der Schütze mindestens ein Jahr lang Mitglied sein und ein Schießtraining sowie eine Sachkundeprüfung vorweisen. „Da kommt viel Rechtliches, beispielsweise zur Notwehr und Nothilfe, zum Waffengesetz oder Waffentransport.“
Wer eine Waffe haben will, kommt nicht am BKA vorbei
Zusammen mit einem Bedürfnisantrag wird alles an den Bayerischen Sportschützenbund geschickt, die nächsten Stationen sind das Landratsamt und anschließend das Bundeskriminalamt. „Die überprüfen, ob man Dreck am Stecken hat.“ Erst dann bekommt man eine Waffenbesitzkarte – und die kann auch ganz schnell wieder weg sein, erklärt der Schützenmeister. Dann erwarten den Waffenbesitzer immer wieder Routinekontrollen, beispielsweise zur Waffenlagerung. „Wenn man einen Nachbarn hat, der Sportschütze ist, braucht man sich nach all den Überprüfungen also nicht fürchten.“
Doch der Sport ist für den Schützen mehr als nur das: „Das ist nicht nur hierher kommen, ballern und dann hat man eine Waffe. Das Vereinsleben hat was Familiäres. Ich sage immer: Schützenfamilie, nicht Schützenverein.“ Zum 600. Jubiläum veranstaltet der Verein den größten Schießmarathon seiner Geschichte: 14 Tage lang, vom 1. bis zum 14. September, wird beim Gaukönigs- und Jubiläumsfest in allen Disziplinen um jeden Ring gekämpft – auch Bogenschießen ist dabei.